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Die SZ und ein Denunziant

Juli 13, 2011

Wenn sich noch jemand fragen sollte, wozu ein Blog wie dieser notwendig sein soll, dann dürfte diese Frage durch einen Blick in zwei Ausgaben der Saarbrücker Zeitung zu beantworten sein. Das Blatt erniedrigte sich nämlich zum Gehilfen einer Kampagne gegen den HTW-Rektor Wolfgang Cornetz und bricht dabei sämtliche Regeln für guten Journalismus.

Alles begann in der Ausgabe vom Freitag (8.Juli) auf Seite B1. Dort erschien am Fuße der Seite ein Artikel des SZ-Chefreporters Michael Jungmann. Titel: „Ministerium prüft Vorwürfe gegen HTW-Rektor Cornetz“. Bereits der Beginn des Textes bietet Anlass zu Empörung. Jungmann bezieht sich nämlich darin auf einen anonymen Brief und referiert dessen Inhalt. Was passiert wohl als nächstes? Springt die SZ auf jedes anonyme Schreiben an, wenn es nur weit genug verbreitet wird? Muß man in Zukunft nur viele verleumderische Briefe verschicken, um mit seiner Geschichte in die SZ zu kommen? Es ist aus gutem Grund eine journalistische Grundregel, keine Geschichten zu veröffentlichen, die sich ausschließlich auf anonyme Vorwürfe stützen.

Genau das aber tut die SZ. Keinen einzigen Vorwurf gegen Cornetz hat die SZ verifiziert. Jungmann schreibt von einer Spedition, die ,,möglicherweise“ einem Verwandten des Rektors gehört, und die von seinem Umzug profitiert haben soll. Na und? Vielleicht hat sie das günstigste Angebot gemacht. Im übrigen hätte Jungmann leicht recherchieren können, was es denn nun mit dieser Spedition auf sich hat, ob wirkliche Verwandte dort schaffen. Auch in Wernigerode hat man Telefon. Cornetz selbst hat Jungmann zu allem Überfluß nicht zu Wort kommen lassen.

In der Ausgabe vom Samstag musste das Blatt dann auch bereits teilweise zurückrudern. Die Staatsanwaltschaft nämlich sieht keinen Grund, gegen dem Rektor zu ermitteln. Der Text (erneut von Jungmann) verschießt jedoch wieder einen hinterhältigen Giftpfeil. Jungmann behauptet, dass sich das Ministerium auch schon wegen ,,anderer Vorwürfe“ mit Cornetz beschäftigt habe. Was bitte sehr soll das? Worum geht es? Was wird hier hineingeheimnist? Welche Vorwürfe waren das? Wie ist diese Untersuchung ausgegangen? Ja wohl mit einer Entlastung des Rektors. Durch schlichtes Weglassen, durch das Vorenthalten von Informationen, schafft die Zeitung einen Eindruck, der nahelegt, Cornetz sei ja schon immer ,,schuldig“ gewesen.

Man kann das alles nur als miesen Journalismus bezeichnen, der entweder aus fachlicher Unfähigkeit (Recherchefaulheit) erwächst oder aber das Ziel hat, einen Lehrer und Wissenschaftler abzuschießen. Insgesamt widerspricht dieser Artikel sämtlichen Regeln des guten Journalismus, schon allein, weil hier ungeprüft anonyme Anschuldigungen verbreitet werden. Selbst wenn der Rektor etwas Unsauberes getan haben sollte, bleibt dies ein übler Fall von verantwortungslosem Journalismus. Versagt hat im Hause der SZ aber nicht nur der Autor. Wie kann es sein, dass so ein Text an Redaktionsleitern und der Chefredaktion vorbei kommt?

Cornetz kann man nur raten, den Presserat einzuschalten.

Nun das Ende vom Lied: Am Mittwoch hat das Wissenschaftsministerium alle Vorwürfe zurückgewiesen. Man sehe ,,keine Anhaltspunkte für rechtsaufsichtliches Einschreiten“.

Rector

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6 Kommentare
  1. Folgende Angaben sind falsch:

    1. sbszwach: „Es ist aus gutem Grund eine journalistische Grundregel, keine Geschichten zu veröffentlichen, die sich ausschließlich auf anonyme Vorwürfe stützen“

    Die Beiträge stützten sich nicht ausschließlich auf anonyme Vorwürfe. Selbstverständlich wurde intensiv recherchiert. So liegen uns auch Kopien entsprechender Quittungen sowie detaillierte Auskünfte des zuständigen Ministeriums vor. Die Zahlungen an seine Ehefrau hat Prof. Cornetz selbst eingeräumt. Die Rechnungshöhen lagen zwischen 120 und 3.900 Euro. Prof. Cornetz hat nach unserer Berichterstattung ebenfalls eingeräumt, dass der alleinige Gesellschafter der Möbelspedition für seinen aus Steuergeldern bezahlten Umzug zu diesem Zeitpuinkt sein Bruder war. Hier mangelt es an der Recherche von szsbwatch.

    2. sbszwatch: „Cornetz selbst hat Jungmann zu allem Überfluss nicht zu Wort kommen lassen“

    Selbstverständlich hat der Kollege Jungmann auch bei Prof. Cornetz nachgefragt. Er wollte sich zur Sache detailliert nicht äußern und hat folgende Stellungnahme abgegeben, die die SZ selbstverständlich auch veröffentlicht hat: „Die HTW antwortet nicht auf anonyme Schmähbriefe unhaltbaren Inhalts“. Hier hat szsbwatch nicht mal den kritisierten Artikel vollständig gelesen oder diese wichtige Information bewusst unterschlagen.

    3. sbszwatch: „Insgesamt widerspricht dieser Artikel sämtlichen Regeln des guten Journalismus, schon allein, weil hier ungeprüft anonyme Anschuldigungen verbreitet werden.“

    Wir haben über belegte Zusammenhänge berichtet, die das zuständige Ministerium so ernst genommen hat, dass eine Überprüfung eingeleitet wurde. Die Vorwürfe sind auch Gegenstand der politischen Debatte in diesem Land. Darüber haben auch der Saarländische Rundfunk und die BILD-Zeitung berichtet. Hätten wir dies verschweigen und Informationen unterdrücken sollen? Interessant ist, dass szsbwatch anonyme Quellen kritisiert, aber selbst anonym arbeitet.

    4. sbzswatch: „Wie kann es sein, dass so ein Text an Redaktionsleitern und der Chefredaktion vorbei kommt?

    Auch diese Annahme ist falsch. Über das Thema wurde in einer Redaktionskonferenz gesprochen. Der Beitrag ist vor der Veröffentlichung von einem Mitglied der Chefredaktion abgenommen worden.

    Ich könnte die Reihe falscher Informationen und falscher Einordnungen von szsbwatch noch fortsetzen. Dies dürfte aber nicht erforderlich sein. Mein Eindruck ist: szsbwatch sucht krampfhaft Ansätze für Kritik und macht selbst das, was der Blog eigentlich kritisieren will – schlechte Recherche und falsche Einordnung. Dies ist schade, denn an begründeter und substanzieller Kritik haben wir großes Interesse.

    Peter Stefan Herbst
    Chefredakteur
    Saarbrücker Zeitung

    • Vielen Dank für Ihre Reaktion. Diese wirft allerdings leider mehr Fragen auf, als sie beantwortet.

      1. Sie schreiben: „So liegen uns auch Kopien entsprechender Quittungen sowie detaillierte Auskünfte des zuständigen Ministeriums vor.“ Woher kommen diese Kopien denn? Vom Ministerium? Aus dem anonymen Brief? Woher wissen Sie dann, dass diese echt sind? Hatte Ihre Redaktion Kontakt mit dem anonymen Briefeschreiber? Wer ist es? Siehe auch den Eintrag von „htwler“.

      2. Insgesamt sind drei Texte über diesen „Fall“ erschienen. (http://saarland.sz-sb.de/Elias/detail_it.jsp?number=8 / http://saarland.sz-sb.de/Elias/detail_it.jsp?number=6 / http://saarland.sz-sb.de/Elias/detail_it.jsp?number=3 ) Immer ist nur von ,,soll“, „habe“ die Rede. Immer ist der Bezug ausschließlich auf den anonymen Brief. Warum steht nirgendwo „die Belege liegen der Saarbrücker Zeitung vor“? Welche ,,detaillierten Auskünfte“ sind das? Bisher ist in der SZ nur zu lesen, daß nicht einmal ein Anfangsverdacht seitens Staatsanwalt und Ministerium besteht. Warum erfährt der Leser nicht, warum diese Stellen keinen Verdacht sehen?

      3. Sie schreiben: „Die Zahlungen an seine Ehefrau hat Prof. Cornetz selbst eingeräumt. Die Rechnungshöhen lagen zwischen 120 und 3.900 Euro. Prof. Cornetz hat nach unserer Berichterstattung ebenfalls eingeräumt, dass der alleinige Gesellschafter der Möbelspedition für seinen aus Steuergeldern bezahlten Umzug zu diesem Zeitpunkt sein Bruder war.“
      Warum steht das in keinem Ihrer drei erschienen Artikel? Immer heißt es ,,soll“ und „habe“. Warum steht nirgendwo „hat gegenüber der SZ eingeräumt“ oder ,,gibt zu“? Angeblich hat doch Cornetz nicht auf Ihre Anfrage antworten wollen. Jetzt hat er doch mit der SZ geredet? Was denn nun?

      4. Sie schreiben: „Darüber haben auch der Saarländische Rundfunk und die BILD-Zeitung berichtet. Hätten wir dies verschweigen und Informationen unterdrücken sollen?“ Alle diese Medien sind erst auf Ihre Berichterstattung aufgesprungen. Warum haben Sie die Geschichte nicht gecovert, wie das ein verantwortungsvolles Medium hätte tun können? ,,Schmierenkampagne gegen HTW-Rektor“ zum Beispiel.

      5. Warum schreibt Jungmann in seinem zweiten Text orakelnd „Nach SZ-Informationen hat sich das Ministerium in jüngster Vergangenheit bereits mit anderen Vorwürfen gegen Cornetz beschäftigt.“ und läßt den Leser dann dumm sterben, worum es ging und wie das ausgegangen ist?

      Rector

  2. htwler permalink

    so, so die sz hat also intensiv recherchiert. hm, quittungen liegen vor. von wem kommen die denn? vom ministerium? die würden sich damit strafbar machen. dann wohl eher von der bratze, die die anonymen briefe geschrieben hat. das heisst dann aber, dass die sz den kennt. dann müsste die sz ja wissen, dass der mal an der htw gearbeitet hat und gekündigt wurde. so erzählt man es jedenfalls hier. also war es eine art racheakt.

  3. Maria Schrader permalink

    Getroffene Hunde bellen. Ich finde die polemischen Rechtfertigungen von Herbst nicht überzeugend. Vieles von dem, was er schreibt, stand so nicht in der SZ.

  4. Warum antwortet Ihr Clowns nicht auf die Erklärung des SZ-Chefs?

  5. Frank Maud permalink

    Herbst ist ein Komiker. Keine Antworten. Nur Hetze und dummes Geschwafel.

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